17. Juli 2023
Ohne Netzwerk keine Finanzierung – und ohne Finanzierung kein Wachstum, um ein Netzwerk aufbauen zu können. Obwohl es für Startups in frühen Stages schwierig wirkt, Investoren für sich zu begeistern, gibt es genügend Stellschrauben, um das Startup für ein erfolgreiches (Pre) Seed Funding zu wappnen. Dazu hat VIA Ventures mit Ex-Investment Analysts von STS Ventures und Earlybird gesprochen.
von Leander Bruch
Foto von nattanan23 auf pixabay.com
Das erste Funding ist für Startups stets mit großen Chancen verbunden. Schließlich kann frisches Kapital eine der größten Wachstumsmöglichkeiten für ein junges Startup darstellen, um so der Konkurrenz rechtzeitig einen Schritt voraus zu sein. Das richtige Timing muss antizipiert und ausgenutzt werden, denn in jeder Geschäftsidee existiert eine Timing-Komponente, die oftmals darüber entscheidet, welches Unternehmen sich erfolgreich am Markt etablieren kann. Einem (Pre) Seed Funding kommt somit eine Schlüsselrolle im Lebenszyklus des Startups zu.
Zunächst benötigt ein solches Funding einfach dargestellt zwei Parteien, die schließlich eine Übereinkunft treffen müssen. Jedoch gibt es von beiden Seiten Anforderungen an die Partnerschaft, die im Vorfeld evaluiert werden müssen, um einerseits die Chancen auf ein erfolgreiches Funding evident zu steigern sowie im Anschluss den Grundstein für eine harmonische Zusammenarbeit mit dem Kapitalgeber legen zu können.
Ein erster wichtiger Schritt für die Vorbereitung auf ein (Pre) Seed Funding ist die Evaluierung der eigenen Erwartungen an die Kapitalbeschaffung. Hinter dieser scheinbar simplen Meinungsbildung steckt jedoch schon die erste Selektierung des riesigen Angebots an Wagniskapital. Je nach Finanzierungsart (bspw. klassische VC-Gesellschaften, Business Angels, Gründerfonds) unterscheiden sich beispielsweise die Laufzeit der Kapitalüberlassung, die Investitionshöhe sowie die Möglichkeit der Einflussnahme des Kapitalgebers.
Folglich sollten die präferierten Finanzierungsarten sorgsam ausgewählt werden. Je nach Geschäftsmodell, Stage des Startups und Gründerpräferenz können hier die vorteilhaften Finanzierungsarten stark abweichen. Allerdings empfiehlt es sich, die Entscheidungsfindung zu strukturieren, beispielweise durch ein Scoring-Verfahren. Die Formulierung von Anforderungen an einen Kapitalgeber hat nicht nur einen Selektionseffekt. Zusätzlich sorgt dies ebenfalls dafür, dass ein Startup die Entscheidung für einen bestimmten Kapitalgeber diesem gegenüber bergründen kann, sodass es für ihn nicht wie eine reine Zweckbeziehung wirkt.
Nach der Auswahl der potenziellen Finanzierungsarten folgt eine Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Kapitalgeber. Im Gegensatz zu den eigenen Anforderungen des Startups, die es selbst bestimmen muss, handelt es sich bei diesen Anforderungen nicht nur um gesetzte Präferenzen, sondern auch im hohen Maße um eine Black Box für ein Startup. Dieser Beitrag möchte einen Einblick in etwaige Investorenanforderungen an eine Partnerschaft mit einem Startup geben, sodass folglich die Ansprache der Investoren optimiert werden kann.
Heterogene Anforderungen
Eine erste wichtige und zugegebenermaßen offenkundige Erkenntnis ist, dass sich je nach Finanzierungsart die Anforderungen an Startups unterscheiden. Es lässt sich zunächst festhalten, dass klassische VC-Gesellschaften nicht nur die größten Wachstumschancen für Startups bieten, sondern dass diese auch die höchsten Anforderungen an das potenzielle Target stellen und die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit den größten Restriktionen verbunden sind.
Weitere populäre Finanzierungsarten sind Business Angels sowie staatliche Fördermittel wie beispielweise Gründerfonds. Auch bei diesen Finanzierungsarten lässt sich festhalten, dass ein Startup diversen Anforderungen gerecht werden muss, damit die gewünschte Finanzierung erreicht werden kann.
Somit stellen für viele Startups (besonders in frühen Stages) eigene Ersparnisse eine wichtige Finanzierungsquelle dar, da diese ohne Vorbereitungen auf etwaige Finanzierungsrunden sofort eingesetzt werden können. Allerdings gibt es hier klare Limitierungen hinsichtlich der Finanzierungshöhe und der möglichen Netzwerkeffekte, sodass ab einer gewissen Größe des Startups eine interne Finanzierung nicht mehr ausreichend ist, um das gewünschte Wachstum ermöglichen zu können. Dies lässt sich auch anhand der Diskrepanz zwischen genutzten und bevorzugten Finanzierungsquellen in der Kategorie „eigene Ersparnisse“ in der folgenden Grafik erkennen.
Quelle: Deutscher Startup Monitor (2021)
Folglich sollen einige Anforderungen von VC-Gesellschaften genauer betrachtet werden. Auch für Startups in der Seed Stage können VC-Gesellschaften bereits eine optimale Investorenwahl darstellen. Neben den populären und oftmals institutionellen VC-Gebern, welche vor allem in Series A, B und C Startups investieren, gibt es auch diverse kleinere VC‘s, die es präferieren möglichst früh in ein Startup einzusteigen.
Allgemein lässt sich festhalten, dass auch die Anforderungen einzelner VC-Gesellschaften an potentielle Targets heterogen sind. Allerdings gibt es ein Fundament, welches viele Anforderungen abdeckt und ebenfalls für andere Finanzierungsarten in ähnlicher Weise vorausgesetzt wird. Dieses Fundament wird in den folgenden Abschnitten skizziert.
Das Pitchdeck
Bei dem Pitchdeck handelt es sich um das erste Dokument, welches der Investor von dem Startup erhält. Aus diesem Grund kommt diesem Dokument nicht nur eine Schlüsselrolle zu, sondern es kann als Türöffner betrachtet werden, um einen erfolgreichen Funding Prozess zu durchlaufen.
Wichtig zu erwähnen ist, dass eine Cold Message an einen Mitarbeiter einer VC-Gesellschaft bspw. via LinkedIn in 99% der Fälle nicht von Erfolg gekrönt sein wird, da das Startup vorher auf sich aufmerksam gemacht haben sollte. An dieser Stelle sind Netzwerktreffen ein probates Mittel, um mit potentiellen Investoren in Kontakt zu treten.
Obwohl sich der Aufbau erfolgreicher Pitchdecks differenziert, so sind die dargestellten Inhalte in den meisten Fällen dieselben und es lassen sich Best Practises ableiten. Besonders bei Startups in der Seed Stage lässt sich ein starker Fokus auf das Gründerteam bzw. im Allgemeinen auf qualitative Faktoren identifizieren, da junge Unternehmen in der Regel über relativ wenige quantitative Daten verfügen. Ein Schlüsselaspekt ist es, das Commitment des Gründerteams sowie die Qualifikationen und Erfahrungen der Gründer herauszustellen. Eine zentrale Frage ist: Was genau qualifiziert den jeweiligen Gründer für die spezifische Position im Unternehmen? Weiterhin steht auch die Authentizität der Gründer im Fokus. Dennoch sollten ebenfalls ausreichend quantitative Faktoren in das Pitch Deck eingebaut werden, um den Erfolg des Geschäftsmodells herauszustellen.
Die Kennzahlen
Obwohl die quantitativen Daten mangels hinreichender Verfügbarkeit nicht so stark wie die qualitativen Faktoren im Fokus stehen, ist es wichtig, dass Startups so früh wie möglich mit einem Kennzahlentracking zu starten, um bereits erste Anzeichen für ein Proof-of-Concept liefern zu können. Dies bedeutet, das Geschäftsmodell machbar aus Investorensicht erscheinen zu lassen. Im Folgenden werden einige wichtige Kennzahlen beispielhaft genannt, die vor allem für Startups aus dem Bereich Software-as-a-Service eine zentrale Rolle spielen.
Eine erste relevante Kennzahl ist die Customer Acquisition Cost. Dabei wird die Phase, in welcher ein Kunde auf das Produkt aufmerksam wird bis zum Kauf des Produktes erfasst. Durch die CAC wird also der Preis getracked, welchen man zahlt, um einen neuen Kunden anzuwerben. Die Berechnung erfolgt, indem die gesamten Kosten für die Akquise von Neukunden durch Anzahl der gewonnenen Kunden in einem gewissen Zeitraum dividiert werden. Gerade für ein junges Unternehmen ist es eminent wichtig, neue Kunden zu akquirieren und somit sollte das Verhältnis zumindest bei circa 3:1 liegen.
Eine weitere wichtige Kennzahl ist die Conversion Rate. Diese beschreibt das Verhältnis von Seitenbesuchern bzw. Usern und einem vorher festgelegten Ziel wie bspw. eine getätigte Transaktion. Somit gibt die Conversion Rate an, wie viele der Besucher tatsächlich eine für das Business relevante Transaktion tätigen und damit gilt: je höher die Conversion Rate, desto besser. Allgemein lässt sich festhalten, dass jedes Ziel für jeden Kanal mit einer eigenen Conversion Rate getracked werden kann. Bspw. bietet es sich an, dass für jede Stufe im Sales Funnel eigene Rates erstellt werden. Es sollte überlegt werden, wofür der einzelne Kanal betrieben wird, um die relevante Einflussgröße für die Conversion Rate zu bestimmen. Die Soll-Größe hängt stark von Geschäftsmodell, Produkt und Zielmarkt ab. Die durchschnittliche Conversion Rate für Landing Pages beträgt zum Beispiel etwa 3%.
Neben den genannten Kennzahlen, spielen auch KPIs wie der Customer Lifetime Value (diskontierter Deckungsbeitrag pro „Kundenleben“), die Churn Rate (Abwanderungsrate), die Retention Rate (Kundenbindungsrate) oder die Customer Satisfaction (Kundenzufriedenheit) eine große Rolle. Die Berechnung der genannten Kennzahlen wird in der folgenden Grafik noch einmal dargestellt.
Auch für ein Seed Startup sind Kennzahlen wichtige Orientierungshilfen, sodass so früh wie möglich mit einem Tracking gestartet werden sollte. Denn Kennzahlen dienen allgemein dem Zweck, einen Proof-of-Concept erbringen zu können und somit den Erfolg eines Startups verifizierbar zu machen. Aus diesem Grund sind unter anderem die genannten KPIs von eminenter Bedeutung für Kapitalgeber.
Der Data Room
Wurde das Pitchdeck von Seiten des Investors positiv bewertet und scheint das Startup potenziell ein erfolgreiches Investment zu sein, wird es nötig weiter in die Tiefe zu gehen. Das Pitchdeck deckt zwar ein breites Spektrum an Unternehmensaspekten ab, allerdings deckt es die meisten Aspekte recht oberflächlich ab und es stellt wie oben beschrieben eher die qualitativen Faktoren in den Fokus. Wenn ein Kapitalgeber allerdings über eine Investition entscheiden will, so wird dies vor allem anhand quantitativer Faktoren geschehen. Der Data Room dient als zentraler Sammelplatz für alle Investorenunterlagen. Die einzelnen Folien des Pitchdecks werden durch ihn mit Backups hinterlegt, um die aufgestellten Thesen hinreichend zu belegen.
Ein Bestandteil des Data Rooms ist das Commercial Backup. Hier werden die Strategie, das Marketing, Markt und Kundenprofile genauer aufgeschlüsselt. Außerdem werden die Daten für die Berechnung der Kennzahlen bereitgestellt.
Ein weiterer Bestandteil ist das Product Backup. Dieses dient dazu, um das Produkt genauer zu erklären, indem bspw. die genaue technische Umsetzung dargestellt wird. Eine Möglichkeit ist ebenfalls die Aufstellung einer Product Roadmap, um somit die geplanten Ziele aufzuzeigen. Das Product Backup kann außerdem mit einem Demo Video erweitert werden, in welchem noch einmal das Produkt auf visuelle Art kurz vorgestellt wird.
Die weiteren Inhalte des Data Rooms sind das Financial Backup sowie das Legal Backup. Während ersteres die finanzielle Lage des Startups detailliert aufschlüsselt und den Business Plan sowie ein Financial Modeling enthält, beinhaltet das Legal Backup jegliche juristisch relevanten Dokumente. Dies können Patente, die Gründungsurkunde des Startups und Arbeitsverträge sein. Außerdem kann es zusätzlich Vorlagen für ein Investment Agreement, einen Letter of Intent (Absichtserklärung) sowie ein Non-Disclosure Agreement (Geheimhaltungsvereinbarung) enthalten.
Der Data Room sorgt nicht nur dafür, dass Startups einen professionellen Außenauftritt gegenüber Investoren haben, sondern auch für eine reibungslose Due Diligence Prüfung im Zuge der Verhandlungen mit dem potenziellen Investor. Durch das Bewusstmachen der Anforderungen von Kapitalgebern können somit diverse Stellschauben an der Perfomance und Außendarstellung des Startups optimiert werden, sodass mittels der konstruktiven Vorbereitung die Chancen auf ein erfolgreiches Funding eklatant gesteigert werden können.
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Dieser Artikel hat keinen Anspruch darauf, eine vollständige Vorbereitung auf eine Finanzierungsrunde in der (Pre) Seed Stage anzubieten. Es geht vielmehr darum, sich den Anforderungen von Kapitalgebern sowie den eigenen Ansprüchen bewusst zu werden, sodass sich Gründer frühestmöglich mit dem Thema Funding auseinandersetzen und dies auch schon in einer frühen Stage für sich in Betracht ziehen. Mit der richtigen Vorbereitung ist es auch als junges Startup möglich eine begehrte Finanzierung zu erhalten und somit zum Wachstum der Startup-Landschaft im Ruhrgebiet und Umgebung beizutragen.
Das Produktportfolio von VIA Ventures umfasst seit kurzem auch den Bereich „Investment Support“, welchen wir bereits durch ein Projekt etablieren konnten. Schau gerne auf unserer Website vorbei, um mehr über unsere Expertise zu erfahren. Die Berater von VIA Ventures stehen dir für deine Fragen zum Thema Seed Funding zur Verfügung, also vereinbare gerne ein kostenloses Erstgespräch mit uns.